In der heutigen Sitzung der Bezirksvertretung Heessen haben Christdemokraten und FDP den Abriss der historischen Bergarbeiterkirche St. Josef beschlossen. In der Sitzung haben sich SPD und Grüne vehement für den Erhalt des von den Bergleuten, Kirchengemeinde und der Zeche Sachsen errichteten Kirchengebäudes eingesetzt. Auch der Kindergarten St. Josef wird 2015 geschlossen.
Nach der Rede des Heessener SPD-Bezirksfraktionsvorsitzenden Ludger Moor, lehnten
CDU und FDP selbst den parlamentarisch üblichen Wunsch von SPD und Bündnis 90/Die Grünen zur Verschiebung der Vorlage wegen weiteren Beratungsbedarfs auf die nächste Sitzung ab. Dies ist überall in der Politik und war bisher auch in Heessen üblich. Trotz der heftigen Diskussionen peitschten CDU und FDP kompromisslos die Vorlage im Eilverfahren durch.
Hier finden Sie die Rede des SPD-Fraktionsvorsitzenden Ludger Moor, bei der fast jedwede Frage unbeantwortet blieb:
Wir wurden von Vorlage überrascht, da es beim Neujahresempfang noch hieß:
Vor Ende des Jahres gibt es keine Entscheidungen!
Aber das zeichnet ja leider den Regierungsstil unseres Oberbürgermeister aus: So wenig Information und Bürgerbeteiligung im Vorfeld wie nötig, soviel ungestörtes und unkontrolliertes Verwaltungshandeln wie möglich.
Daher fragen wir uns:
Warum diese plötzliche Eile?
Gibt es überhaupt schon Beschlüsse des Kirchenvorstandes, die einen rechtlichen Antrag erst begründen würden? Sollte es den Beschluss noch nicht geben, warum macht die Verwaltung dann schon eine Vorlage?
Die Aussagen der Kirchenmitglieder dazu sind diffus. Die einen sagen so, die anderen sagen so!
Liegt es etwa daran, dass sich engagierte Gemeindemitglieder übergangen fühlen und sich nun aktiv für den Erhalt der Bergarbeiterkirche einsetzen wollen? Fürchtet die Kirche den Widerstand und lässt sich von einer willfährigen Verwaltung und politischen Mehrheit den Abriss nicht kaputtmachen?
Antwort Pfarrer Lohle: Der Kirchenvorstand der Papst Johannes Gemeinde und die Gesellschafterversammlung des Seniorenheims sind personell identisch. Es wurde im April in der Gesellschafterversammlung ein entsprechender Beschluss gefasst.
Wir fragen uns:
Warum das gesamte Gelände incl. Kindergarten? Will die Kirche gegen ihre Beteuerungen den Kindergarten weiterführen zu wollen, schon jetzt Fakten dagegen schaffen?
Antwort Pfarrer Lohle: Der Bestand des Kindergartens ist bis 2015 gesichert. Das Gebäude ist stark modernisierungsbedürftig. Das Bistum hat beschlossen, in die Gebäude keinen Cent mehr zu investieren.
Wir fragen uns:
Warum gibt es kein ordentliches Planungsverfahren mit allen vorgegeben Prüfungen? Umweltprüfung, Immissionsschutzprüfung, Lärmschutz spielt für die Kirche und die Verwaltung wirklich alles keine Rolle? Können als vage Prognose durchgeführt, nachgeholt oder unterlassen werden?
Antwort Verwaltung: Wir konnten bei der Größe das vereinfachte Verfahren wählen und alle vorgeschriebenen Prüfungen fließen in die Schlußbetrachtung mit ein.
Wir fragen uns:
Warum ein Altenheim an dieser Stelle?
Wir haben noch gut im Ohr, was in diesem Gremium und in der Öffentlichkeit von Gemeindemitgliedern gesagt wurde, als ein privater Investor eine Alteneinrichtung am Kreisverkehr Ahlener Str./ Vogelstr. planen wollte:
Es wurde gesagt:
- an einer Hauptverkehrsstr. – zu laut
- zu weit weg von Ärzten und sonstigen Einrichtungen
- schlechte Verkehrsanbindung (Busse)
- keine Möglichkeiten spazieren gehen zu können usw.
Leider keine konkreten Antworten.
Wir fragen uns:
Wenn man das Gelände oben auf dem Knapp mit dem Kreisverkehr vergleicht, sind die Bedingungen dort nicht noch schlechter? Im Punkt Hauptverkehrsstrasse beide Projekte gleich schlecht, Verkehrsanbindung bei beiden gleich gut, Die Möglichkeiten zum Spaziergehen sind am Kirchenstandort schlechter durch bergauf/ bergab, Im Punkte Nähe der Ärzte schneidet der Kirchenstandort schlechter ab, die Einkaufsmöglichkeiten am Standort coop und Rewe waren damals näher.
Wir fragen uns:
Woher kommt der Gesinnungswandel? Sollte damals nur Konkurrenz für das Stephanusheim verhindert werden?
Leider keine konkreten Antworten.
Wir fragen uns:
In vielen Gesprächen und Sitzungen wurden Planungen des Seniorenheims St. Stephanus für einen Neubau am Piebrockskamp erörtert:
Die Aussagen des Heimes haben wir auch noch im Ohr:
- Beste Fläche in Heessen
- zentrumsnah, Ärzte Geschäfte, Spaziermöglichkleiten, Sachsenhalle mit Veranstaltungen vor der Tür
Wir haben ja gesagt zu diesem tollen Standort. Was ist aus diesem Projekt geworden? Wurde das Grundstücksgeschäft getätigt? Gehört das Grundstück noch der Stadt oder schon der Kirchengemeinde, der Altenheimgesellschaft oder einer Tochter? (Bitte im nichtöffentlichen Teil beantworten)
Was ist auf dem Hügel besser als am Heessener Zentrum?
Antwort Pfarrer Lohle: Das Grundstück gehört nicht der Kirche. Wem das Grundstück gehört, weiß er nicht.
Leider keine weiteren konkreten Standorten.
Wir fragen uns:
Die Stadt Hamm ist arm an stadtbildprägenden Gebäuden. Die Josefskirche ist stadtbildprägend für Heessen und Hamm! Es bildet das Eingangstor zum Münsterland – und das seit nunmehr 85 Jahren. Können wir es uns wirklich leisten, ein weiteres historisches Gebäude zu verlieren?
Antwort Verwaltung: Die Josefskirche hat sicherlich einen stadtbildprägenden Charakter an diesem Standort, es handelt sich aber um einen notwendigen Abwägungsprozess.
Leider keine konkreten Antworten.
Wir fragen uns:
Wie ist die Bergarbeiterkirche damals gebaut worden?
Wir wissen, dass viele Bergleute mit viel Herzblut und Schweiß, mit Hand anlegen aber auch finanziellen Spenden, mit Unterstützung des Bergbaus und einem Pfarrer der alten Garde, der noch im Glauben engagiert und kein Kirchenmanager war, ihre Kirche, ich wiederhole IHRE Bergarbeiterkirche entstehen ließen.
Sie waren stolz darauf, trotz der wirtschaftlich sehr schwierigen zwanziger Jahre des letzten Jahrhunderts es geschafft zu haben, aus der Notkirche ein Gotteshaus mitten zwischen ihren Siedlungen an einer sehr exponierten Stelle entstehen zu lassen. Sie waren zu recht stolz auf ihre Leistung, können die heutigen Kirchenvertreter noch stolz sein auf ihre Entscheidung.
Fragen sie sich manchmal noch, wie sie mit den Hoffnungen der Menschen aber auch mit ihren eigentlich zweckgebundenen Spenden umgehen?
Leider keine konkreten Antworten.
Wir fragen uns:
Sind wirklich alle Möglichkeiten genutzt worden, um die Bergarbeiterkirche zu erhalten und Nachnutzungen zu finden, wie dies bei der Kirche St. Theresia gelungen ist. Hat die Kirche wie alle großen Konzerne eine Immobilengesellschaft, die die Gebäude bundes- oder europaweit anbietet? Wem ist die Bergarbeiterkirche konkret angeboten worden? Welche Nutzungen wurden geprüft?
Wurden die Gemeindmitglieder umfassend informiert und dort Möglichkeiten geprüft wie – damals beim Bau – durch kleine Spenden vieler kleiner Leute, die eine große Summe ergaben, auch heute viele kleine Leute zum Erhalt der Bergarbeiterkirche, Ihrer Kirche beitragen können?
Antwort Pfarrer Lohle: Es hat zwei / drei Treffen gegeben, aber bei den notwendigen Summen konnte die Gruppe keinen Ansatzpunkt finden. Es wurde in der Kirche nach Vorschlägen zur Nachnutzung gefragt. Ob eine weitere Ausschreibung erfolgte, ist ihm nicht bekannt. Es habe nur drei konkrete Anfragen gegeben, die aber nicht mit den kirchlichen Vorstellungen übereinstimmten: ein Discounter, eine Kneipe und eine Schnellrestaurantkette. Woher sie die Information für die Bewerbung hatten, entzieht sich seiner Kenntnis.
Wir fragen uns:
Wir haben die Route der Industriekultur nach Heessen geholt. Überall heißt es: Wie an einer Perlenkette reihen sich die Bergarbeitersiedlungen in Heessen im Stil ihrer jeweiligen Entstehung aneinander. Damit dies so bleibt, muten wir den Eigentümern zu, dass sie Veränderungen nur im Rahmen einer sehr engen Gestaltungssatzung vornehmen dürfen.
Die Bergarbeiterkirche gehört zu dieser Perlenkette. Soll diese Perlenkette jäh unterbrochen werden?
Was wir den ehemaligen Bergleuten zumuten, müssen wir dies nicht auch der Kirche zumuten, wenn sie leider selber nicht mehr an ihre Verantwortung und ihre Tradition denkt.
Auch wenn die Einnahmen der Kirchen nicht mehr so sprudeln wie früher, haben sie als Eigentümer von Grundstücken und Gebäuden auch eine Verpflichtung der weltlichen Gemeinschaft gegenüber.
Oder gilt hier nicht auch Gleiches Recht für alle – für Bürger und Kirche?
Leider keine Antworten.
Antworten auf all diese und noch viel mehr Detailfragen hätten wir gerne wie üblich im Vorfeld geklärt. Durch die unnötige Eile und Hetze der Verwaltung müssen wir dies nun alles heute klären. Wir erwarten antworten auf alle Fragen, auch auf unsere noch zu stellenden Detailnachfragen. Nach dem derzeitigen Informationsstand kann ich nur sagen:
Wir Sozialdemokraten lehnen einen Freibrief für die Kirche auch in Bezug auf den Kindergarten ab.
Wir Sozialdemokraten stimmen der Vorlage und damit dem Abriss der Bergarbeiterkirche nicht zu.
Wir überlassen das Abreißen einer weiteren Kirche den Christdemokraten.